Nur ich und meine Gedanken: Nils' Schreibflow
Ein langes, ungestörtes Gespräch mit mir selbst zu haben, bei dem ich in erster Instanz alles annehme, was da kommt:
Was bedeutet eigentlich Schreibflow? Diese Frage beantwortet jeder von uns in dieser kleinen Vorstellungsreihe.
Nils' Schreibflow.
Bevor ich zu meiner persönlichen Flow-Definition komme, empfinde ich es als wichtig, ein Wenig auf mich als Person einzugehen. Ich bin der Dritte in unserem kleinen Bund und es ist kein Zufall, dass ich mich hier als letzter von uns dreien diesem Thema widme.Vor nicht allzu langer Zeit ist bei meinem jüngeren Bruder ADHS diagnostiziert worden. Ich wusste ehrlich gesagt, nicht viel damit anzufangen. Im Hinterkopf hatte ich dieses Bild eines außer Kontrolle geratenen Kindes, das - entschuldige bitte den schlechten Vergleich - wie ein Junkie auf Entzug nur mit Medikamenten ruhig zu stellen ist.
Interessanterweise hätte ich dieses Bild aber nie mit meinem kleinen Bruder in Verbindung gebracht. Daher hat es mich schon darüber grübeln lassen, als er mir von seiner Vermutung und später dann von seiner Diagnose erzählte.
Als die Diagnose feststand, habe ich mich über diese Form der Neurodiversität informiert und je mehr ich erfahren habe, desto sicherer bin ich mir auch ADS bzw. ADHS zu haben. Die Tatsache, dass ADHS genetisch bedingt ist und vererbt wird, bestärkt nur meinen Verdacht. Aber um sicher zu sein, werde ich in naher Zukunft auch den Schritt gehen und einen Fachmann dafür aufsuchen.
Warum ist das überhaupt wichtig für meinen Schreibflow?
Als jemand, der große Probleme damit hat, aktiv konzentriert zu bleiben, muss ich alles, was mich ablenken könnte, im Vorfeld eliminieren. Ich schließe alle Fenster. Sowohl in meinem Zimmer als auch die auf meinem Desktop. Am besten lasse ich sogar noch die Rollos herunter. Mein Desktophintergrund ist schwarz und ich setze mir geschlossene Kopfhörer auf, damit ich nicht durch irgendwelche Geräusche abgelenkt werde. Und nein, ich höre keine Musik. Egal wie hintergründig sie sein mag. Alles, was potenziell meine Aufmerksamkeit auf sich ziehen könnte (und, sei es nur der Sprung zwischen dem Ende eines Tracks und dem Start desselben), würde mich aus meinem Fokus bringen und einen Flow verhindern.
Das ist der Flow.
Wenn ich es schaffe, mich zu konzentrieren, bin ich wie in einem Tunnel. Ein Gedanke führt zum Nächsten und ich erlaube mir, mich voll darauf einzulassen. Dabei darf ich auch mal so richtig hart abschweifen und die aufkommenden Gedanken viel zu weit ausspinnen. Es ist in dieser Phase besonders wichtig, nicht zu bewerten, sondern alles einfach laufen zu lassen. Die Beurteilung, ob etwas für den Plot vielleicht unpassend sein könnte oder ein für die Geschichte wesentlicherer Gedanke mehr Tiefe verdient hätte, spare ich mir für einen anderen Zeitpunkt auf. Soll Zukunftsnils sich darum kümmern, der macht das schon.Im Flow bin ich also, wenn ich meine Gedanken an der langen Leine lasse und dem inneren Kritiker eine Pause gönne. Aber das ist noch nicht alles.
Ein anderer Aspekt der ADHS kommt meiner Art zu schreiben, dabei zugute. Die Impulsivität. Ich bin kein großer Planer, planen empfinde ich als erdrückend und ganz ehrlich, ich habe es noch nie geschafft, mich beim Schreiben an meine Pläne zu halten. Ich versinke dafür aber häufig in Details. Das große Ganze im Blick zu behalten, fällt mir dagegen schwer. Dafür bekommt man bei mir aber auch immer etwas Unerwartetes, da ich meistens selbst keine Ahnung habe, wohin die Geschichte will. :D
Ich glaube, es ist ein bisschen wie bei Alice, die dem weißen Plot-Bunny folgt. Allerdings wäre es ebenso falsch zu behaupten, dass ich überhaupt keinen Einfluss auf meine Gedanken hätte und nur einem Medium gleich herunterschreibe, was so in meinem Inneren passiert.
Es ist eher wie ein Gespräch mit meiner inneren Welt.
Um das Ganze verständlicher zu machen, bleibe ich mal beim Bild der Alice.
In diesem Fall hätten wir also einen entdeckenden Teil von mir, der gerade in den Kaninchenbau fällt und den Chronisten-Teil, der oben am Rand des Baus steht und Eindrücke aufschreibt, die ihm von dem Entdecker zugerufen werden.
Der Teil, der oben geblieben ist, kann dem anderen dabei aber auch Fragen stellen. So was wie: Was sieht der Charakter gerade? Wie fühlt er sich dabei? Und: Was ist der Grund dafür, dass er sich so fühlt?
Es gibt aber nicht immer zufriedenstellende Antworten von dem Entdecker, da er selbst noch nicht alles versteht, was um ihn herum so passiert.
Dann ist es wichtig, Antworten erst mal offenzulassen und ein anderes Mal darauf zurückzukommen. Sonst blockiert das den Flow.
Also ist meine Interpretation davon im Flow zu sein:
Ein langes, ungestörtes Gespräch mit mir selbst zu haben, bei dem ich in erster Instanz alles annehme, was da kommt.
Ein weiterer Aspekt meines Flows ist es, dass ich keine Empfindung für Zeit habe, wenn ich einmal drin bin. Daher stelle ich mir auch immer einen Wecker beim Schreiben. Es könnte sonst sein, dass ich Dinge wie Essen oder Arbeiten gehen vergesse. Häufig habe ich mir ein Zeitfenster vor meiner regulären Arbeitszeit eingerichtet, und wenn ich mir dann keinen Wecker stellen würde, wäre es gut möglich, dass ich erst Stunden später meinen Arbeitsrechner anschalten würde.
Ich glaube, das deckt so ziemlich alles ab, was ich über das Thema denke.
Wie wichtig ist dir der Schreibflow?
Es macht mir enorm Spaß, meine Gedanken in den Geschehnissen meiner Geschichten herumspazieren zu lassen. Es kann wie ein Rausch sein, in den ich mich zurückwünsche. Vor allem, wenn ich ihn für die weniger aufregenden Pflichten des Alltags unterbrechen muss und eigentlich viel lieber wissen möchte, wie es weitergeht.Ich hoffe, dass das am Ende auch meinen Lesern so geht und nicht nur mir seltsamen Schreiberling.
Ich danke dir fürs Lesen und ich hoffe, dass du etwas für dich mitnehmen konntest.
Bleib im Flow!
Nils von der Schreibflow-Crew
Kommentare
Kommentar veröffentlichen